
Jüngerschaft vs. Leiterschaft
Wenn du dich schon eine Weile in Gemeinde oder christlicher Leitung bewegst, bist du sicher beiden Begriffen begegnet: Jüngerschaft und Leiterschaft. Zwei große Worte. Zwei noch größere Aufgaben. Aber wie hängen sie eigentlich zusammen? Und was kommt zuerst? Was ist wichtiger? Oder ist das überhaupt die richtige Frage?
Fakt ist: Viele Gemeinden und Leiter sind über die letzten Jahre zurück zu einem stärkeren Fokus auf Jüngerschaft gekommen. Zu Recht. Denn Nachfolge ist der Kern dessen, wozu Jesus uns ruft. „Folge mir nach“ war kein Motto für Leitungsklausuren, sondern der Anfangspunkt für alles. Ohne Jüngerschaft keine geistliche Reife. Und ohne geistliche Reife – keine gesunde Leitung.
Bevor du führst, musst du folgen. Leiterschaft beginnt nie auf der Bühne, sondern immer am Fuß des Kreuzes. Jesus hat seine Jünger nicht direkt als Leiter in die Welt geschickt, sondern drei Jahre lang in Nähe, Beziehung und geistliches Wachstum investiert. Er hat sie nicht zuerst ausgesandt, sondern zuerst verwandelt.
Der US-Pastor und Autor Andy Stanley sagte dazu einmal:
„Leadership is a stewardship. It’s temporary and you’re accountable.”
Das bedeutet: Du kannst nur dann verantwortungsvoll leiten, wenn du dich selbst zuerst unter Jesu Leitung stellst. Denn Leiterschaft ohne Jüngerschaft produziert Aktivität ohne Frucht.
Jüngerschaft – persönlich, geistlich, transformierend
Jüngerschaft betrifft deine Identität: Liebst du Gott wirklich mehr als deine Aufgabe? Mehr als deinen Einfluss? Hast du gelernt, dir selbst zu begegnen, bevor du andere leitest? Lebst du aus Gnade oder aus Leistung? Solche Fragen beantwortet keine Konferenz und keine Visionspredigt – nur Jüngerschaft. Und das nicht einmal, sondern täglich.
Der bekannte Leiter und Gründer von Life.Church, Craig Groeschel, bringt es so auf den Punkt:
„If you’re not intentionally developing your character, your talent will eventually take you to a place where your character can’t sustain you.”
Sprich, dein Charakter wird von Jüngerschaft geprägt. Deine Verantwortung wächst mit deiner Reife.
Warum Leitung trotzdem dazugehört
Jetzt wäre es ein Fehler, daraus zu schließen: „Dann bleibe ich einfach Jünger, ohne Leiter zu sein.“ Denn Jesus hat nicht nur gesagt: „Folge mir nach“, sondern auch: „Macht zu Jüngern alle Völker“ (Matthäus 28,19). Nachfolge führt in Sendung. Jüngerschaft ist nicht das Ziel, sondern der Startpunkt. Leitung ist die logische Frucht geistlicher Reife.
Leitung bedeutet, anderen zu helfen, Jesus zu begegnen, zu wachsen, Verantwortung zu übernehmen und Einfluss zu nehmen – im Kleinen wie im Großen. In deiner Kleingruppe, im Technikteam, im Gebetsdienst oder in der Leitung deiner Gemeinde. Nicht alle sind berufen, viel zu leiten. Aber jeder ist berufen, geistlichen Einfluss auszuüben.
Was ist also diese Spannung zwischen den beiden?

Ohne Jüngerschaft ist Leitung leer. Aber ohne Leitung ist Jüngerschaft und sein Einfluss nicht multiplizierbar, bis an die Enden der Welt.
Bei K5 ist unsere Strategie, um 1 Million Menschen für Jesus zu erreichen ein Kreislauf aus 1. Jüngerschaft, 2. Leiterschaft und 3. Kirchengründung. Menschen kommen zum Glauben, sind aktive Nachfolger Christi. Übernehmen dann Verantwortung für den Auftrag und einige von ihnen gehen sogar an neue Orte und schaffen durch neue Kirchen neue Orte um Menschen zu Jünger zu machen. Als Leitertraining liegt unser Fokus besonders auf Bereich 2. "Leiter trainieren".
Und das ist nichts Neues, sondern schon ein biblisches Prinzip.
Schau dir z.B. Petrus an. Vom Fischer zum Apostel – aber nicht über Nacht. Erst drei Jahre voller Scheitern, Fragen, Glauben, Zweifel, Umarmungen, Korrektur. Jesus begegnet ihm nach der Auferstehung, fragt dreimal: „Liebst du mich?“, und sagt dann: „Weide meine Schafe.“ (Johannes 21,15-17). Erst die Frage nach der Liebe – dann der Auftrag zur Leitung. Genau so funktioniert das Reich Gottes.
Oder Mose: 40 Jahre in der Wüste, bevor er Gottes Volk aus Ägypten führt. Oder Paulus: Drei Jahre Rückzug nach seiner Bekehrung (Galater 1,17-18), bevor er als Apostel wirkt. Die Bibel ist voll von dieser Reihenfolge: Berufung – Nachfolge – Reife – Verantwortung - Multiplikation.
Was bedeutet das für dich?
Du brauchst beides. Ein brennendes Herz für Jesus und ein klares Ja zu Verantwortung. Du darfst wachsen, reifen, lernen, scheitern und neu anfangen. Aber du darfst auch mutig leiten, gestalten, entscheiden, delegieren. Nicht aus eigener Kraft – sondern weil du weißt, wer du in Christus bist.
In deinem Leitungsteam braucht ihr nicht nur Strategien, sondern auch Zeiten der geistlichen Reflexion. Nicht nur To-dos, sondern Raum für Gebet und geistliches Wachstum. Und wenn du Nachwuchsleiter begleitest, dann achte darauf, dass sie nicht nur leiten lernen – sondern zuerst Jünger werden.
Denn Leiter sein ist keine Abkürzung im Reich Gottes – sondern ein Weg, der bei Jesus beginnt.
Titelfoto von Edward Howell auf Unsplash